Kein rechtliches Gehör

Ein Beispiel für eine offensichtliche Verletzung des rechtlichen Gehörs durch einen Richter am Amtsgericht

Damit festgestellt werden kann, dass das Gericht das prozessuale Urrecht des Menschen auf echtliches Gehör beachtet und nicht etwa „kurzen Prozess“ mit den Beteiligten gemacht hat, müssen alle wesentlichen, der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden (BVerfGE 54, 43, 46).

Das Verteidigungsvorbringen des Beklagten gegen die Forderung des Klägers hat ein Richter am Amtsgericht mit keinem Wort in seinem Urteil erwähnt, also erst recht nicht verarbeitet. Dieses erkennt man auch ohne jede juristische Ausbildung. Das Unrechtsurteil des Amtsgerichts vom 7. Oktober 2019 lautet:

Amtsgericht
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Verkündet am 07.10.2019

Im Namen des Volkes
Urteil

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Von der Darstellung des

Tatbestandes

wird gemäß § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet

Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises aus § 433 Abs. 2 BGB. Zwischen den Parteien ist ein wirksamer Kaufvertrag über das Springrollo der Firma Sunline 24, Farbe B615 zum Kaufpreis von 76,79 € zustande gekommen, indem der hierzu gemäß § 164 BGB bevollmächtigte Sohn des Beklagten als dessen Vertreter die Bestellung über das Rollo im Namen des Beklagten aufgegeben hat.

Gemäß dem Vortrag des Beklagten hat der Sohn des Beklagten gemeinsam mit der Ehefrau des Beklagten das Ladengeschäft des Klägers aufgesucht, um ein Rollo für das Badezimmer zu bestellen (Blatt 25 der Akte). Die entsprechende Bestellung wurde durch den Sohn des Beklkagten vor Ort aufgegeben (Blatt 38 des Akte). Dies korrespondiert mit der Ablichtung des Angebots vom 25.11.2017, auf dem sich der Vermerk „Bitte bestellen!“ findet (Blatt 32 der Akte). Ausweislich der Erklärung des Sohns des Beklagten, der diesen in der mündlichen Verhandlung vertreten hat, war er auch bevollmächtigt, das Rollo im Namen seines Vaters zu bestellen (siehe hierzu das Protokoll der mündlichen Verhandlung).

Der schriftliche Widerruf vom 10.01.2018 entbehrt jeder Grundlage, da das Rollo bereits seit dem 21.12.2017 in der Filiale des Klägers – wie zwischen den Parteien vereinbart (Blatt 15 der Akte) – zur Abholung bereit lag.

Der Zinsanspruch des Klägers beruht auf Verzug und ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenenscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundöage in § 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 48 GKG i.V.m. §§ 3,4,5 ZPO.

Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 € nicht übersteigt (511 Abs. 2 Nummer 1 ZPO).

In diesem Urteil ist das Verteidigungsvorbringen des Beklagten mit keinem Wort erwähnt worden. Der Rechtsstreit ging um die Frage, ob ein Kaufvertrag auf die – unstreitige – Bestellung des Beklagten vom 25.11.2017 überhaupt zustande gekommen ist, obwohl der Kläger zuvor lediglich – ebenfalls unstreitig – ein nicht bindendes, freibleibendes Angebot abgegeben hatte, und der Kläger nach dem prozessualen Vorbringen des Beklagten keine Vertragsannahme erklärt und ihm bis zum 10.01.2018 die bestellte Ware nicht angeboten hatte. Weder dieses Vorbringen noch ein anderes Verteidigungsvorbringen des Beklagten wird im Urteil vom 07.10.2019 erwähnt. Egal wie der Prozess rechtlich zu entscheiden ist, allein in dem Umstand, dass der Richter überhaupt kein Vorbringen des Beklagten in seinem Urteil verarbeitet hat, liegt eine eindeutige Verletzung des rechtlichen Gehörs. Der Richter hat mit dem Beklagten rechts- und verfassungswidrig kurzen Prozess gemacht.

Gisela Müller

Internet-Petition: Strafbarkeit von Rechtsbeugung wiederherstellen, Bürgergerichte einführen